Die gesetzlichen Krankenkassen sind zur Übernahme von Hilfsmittel-Kosten verpflichtet, wenn die Hilfsmittel dem Ausgleich einer Behinderung dienen, die Pflege erleichtern oder die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben möglich machen. Die Notwendigkeit stellt der Arzt mit einem Rezept fest. Die Krankenkassen prüfen dann, ob die verordnete Versorgung den gesetzlichen Vorgaben entspricht. Die Prüfung führen der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) sowie angestellte oder selbständige Berater durch.

Die GKV zahlt in den seltensten Fällen, denn es gilt das Sachleistungsprinzip. Dies bedeutet, dass Ihnen Ihre gesetzliche Krankenversicherung die Hilfsmittel leihweise zur Verfügung stellt. Falls keine Befreiung vorliegt, bezahlen Sie dafür nur € 10,00 Gebühr. Die finanzielle Seite wickeln dann der Kostenträger und das Sanitätshaus ab. Dabei gibt es verschiedene Arten der Vergütung, die für Sie Auswirkungen haben:

• Kauf: Die Krankenkasse kauft das Hilfsmittel vom Sanitätshaus. Bei diesem Verfahren haben Sie weitgehende Mitbestimmungsrechte hinsichtlich Farbe etc.
• 
  
• Wiedereinsatz: Die Krankenkasse lässt die nicht mehr gebrauchten Hilfsmittel einlagern und gibt sie über den Fachhandel zum weiteren Gebrauch heraus. In diesem Fall entfallen Ihre Mitbestimmungsrechte hinsichtlich Farbe etc.
• 
  
• Fallpauschale: Die Krankenkasse hat mit dem Fachhandel ein Entgelt vereinbart, für das der Fachhandel Ihnen ein in bestimmter Weise ausgestattetes Hilfsmittel zur Verfügung stellt. Für die Vertragszeit trägt der Fachhändler alle Reparaturkosten. Der Rollstuhl ist Eigentum des Fachhändlers, so dass Sie auch hier nicht über Dinge wie Farbe etc. mitbestimmen können. Wie bei den beiden vorgenannten Abrechnungsarten müssen Sie kleinere Schönheitsdefekte hinnehmen.
• 
  
• Miete: Wird eher selten vereinbart, meistens bei einer zeitlich begrenzten Nutzung (z.B. Rollstuhl nach Beinbruch). Das Verfahren läuft hier wie bei der Fallpauschale.

Die Versorgung mit Hilfsmitteln wird aus den Finanzmitteln der Solidargemeinschaft „Krankenkasse“ bestritten. Eine der wichtigsten Aufgaben der Kostenträger ist es, darüber zu wachen, dass sich kein Versicherter „über Gebühr“ aus diesem Gemeinschaftstopf bedient. Diese Sparaufgabe der Krankenkasse kann leicht mit Ihren Wünschen kollidieren, eine möglichst umfassende Versorgung mit Hilfsmitteln zu bekommen. Was ist im Streitfall zu tun?

Prüfen Sie zunächst, ob das Rezept für Ihr Hilfsmittel so ausgestellt ist, dass es die Notwendigkeiten (z.B. elektrische Verstellungen an einem Rollstuhl) ausdrücklich nennt. Was nicht auf dem Rezept steht, muss auch nicht geleistet werden, heißt der Grundsatz. Allerdings beschränkt er sich in der Praxis vor allem auf „teure“ Zurüstungen wie elektrische Verstellungen etc.

Beachten Sie die Fristen, die das Patienten-Rechte-Gesetz den Krankenkassen vorgibt und weisen Sie die Kasse darauf hin.

Legen Sie fristgerecht Widerspruch gegen eine Entscheidung ein, bei der Sie sich nicht richtig behandelt fühlen (i.d.R. 4 Wochen nach Bescheid, Frist wird in der Widerspruchbelehrung genannt). Halten Sie diesen Widerspruch formlos und ohne lange Begründungen. Sollte auf eine Entscheidung des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) „nach Aktenlage“ verwiesen werden, können Sie den Besuch des MDK anregen, damit er sich vom aktuellen Zustand Ihrer Krankheit vor Ort ein Bild macht.

Legen Sie sich nicht auf eine Marke fest, sondern stimmen Sie zu, andere Fabrikate zu erproben. Erstens können Sie dadurch eventuell noch etwas finden, von dem Sie bisher nicht wussten, dass es Ihnen hilft (weil sie nicht wussten, dass es dieses Hilfsmittel gibt). Zweitens besteht eine Mitwirkungspflicht auf Seiten des Patienten. Und drittens würden Sie privat ja auch mehrere Angebote einholen, bevor Sie sich für eine große Ausgabe entscheiden.

Wenn auch der Widerspruch scheitert, können Sie die Entscheidung vor dem Sozialgericht beklagen (Fristen beachten!). Hierfür sollten Sie sich die Hilfe eines Verbandes bzw. eines Anwalts sichern.

Wie einfach oder schwierig eine Hilfsmittelversorgung abläuft, hängt wesentlich vom Rezept ab, das der Arzt Ihnen ausstellt. Erhalten Sie Ihre Hilfsmittelversorgung in einer Klinik z.B. während eines Reha-Aufenthalts (entweder als Empfehlung oder Rezept), werden meist während Ihres Aufenthaltes Proben durchgeführt und ausführliche Rezepte ggf. noch mit zusätzlichen Begründungen geschrieben. Wird die Hilfsmittelversorgung zu Hause angestoßen, müssen Sie darauf achten, dass das Rezept zu Ihrem Helfer wird. So geht’s:

Suchen Sie sich den richtigen Arzt. Für ein neurologisches Leiden ist der Neurologe die erste Adresse. Grundsätzlich darf aber jeder Sie behandelnde Arzt ein Rezept für Hilfsmittel schreiben (der Ohrenarzt natürlich nur für Hörgeräte). Manche Ärzte weigern sich, ein solches Rezept zu schreiben. Sie befürchten, diese Hilfsmittelausgaben minderten ihr Budget. Das ist jedoch nicht so. Der Arzt sollte so viel über das Hilfsmittel wissen, dass er seine Entscheidung der Krankenkasse gegenüber fundiert begründen kann. Diesbezügliche Nachfragen der Krankenkassen sind jedoch selten.

Wenn Sie selbst die Hilfsmittelversorgung anstoßen, ist es sinnvoll, das Hilfsmittel auszuprobieren, bevor das Rezept geschrieben wird. Nach diesen Erfahrungen kann der Arzt das Rezept genauer abstimmen. Wenn Sie mehrere in Frage kommende Produkte ausprobieren, können Sie belegen, dass das von Ihnen präferierte Hilfsmittel „erwiesenermaßen“ das richtige ist. Eine Fotodokumentation der Proben hilft hier viel.

Arzt, Fachhandel und Hersteller sehen die Proben und die Begründungen für Rezepte als Zeit- und Kostenbelastung an, was sie definitiv auch sind. Sie sollten deshalb den Sie unterstützenden Parteien z.B. durch eine flexible Termingestaltung entgegenkommen. So wird vermieden, dass die Proben zur Überlast werden.

Als Privatversicherter ohne Übernahme der Hilfsmittelkosten bzw. mit einem Zuschussmodell ist „privat zu zahlen“ Alltag. Für gesetzlich Versicherte hingegen stellt die private Zuzahlung bzw. der private Kauf die absolute Ausnahme dar.

Ihr Geschäftspartner beim Kauf ist der Sanitätsfachhändler. Er wird sich bei der Preisfestsetzung in der Regel an den Listenpreisen der Hersteller orientieren. Eine Nachfrage nach Rabatt und Skonto kann aber nicht schaden. (F4)

Zuzahlungen sind bei den gesetzlichen Krankenkassen ein weitaus komplizierteres Pflaster. Während es bei den Privatversicherungen vertragliche Regelungen zur Zuzahlung gibt, gilt bei den gesetzlichen Kassen die Zuzahlung als „verlorener Zuschuss“ des Versicherten. Dies bedeutet: das Hilfsmittel bleibt vollständig im Eigentum der Krankenkasse (Verfahren Kauf oder Wiedereinsatz). Am Ende der Nutzung findet kein Ausgleich statt. Es kann sogar vorkommen, dass die Krankenkasse Sie anteilig an den Reparaturkosten beteiligen will, z.B. wenn Sie für stärkere Motoren oder eine höhere Endgeschwindigkeit zugezahlt haben. Bei der Fallpauschale ist Ihr Fachhändler Eigentümer des Hilfsmittels. Sie haben dann eine privatrechtliche Vereinbarung und können frei verhandeln, was die Zuzahlung bedeutet.

In der Vergangenheit kam es immer wieder zum Streit zwischen den Patienten und den gesetzlichen Krankenkassen. Die Krankenkassen hegten den Verdacht, der Fachhandel bereichere sich ungerechtfertigt über die Zuzahlungen, so dass manche Kassen die Zuzahlung ganz verbaten.

Grundsätzlich gilt, dass Sie sich den Sanitätsfachhändler aussuchen können, der Sie betreuen soll. Gelegentlich gibt es aber so große Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Kostenträger und dem Fachhändler, dass der Kostenträger die Bitte an Sie heranträgt, umzuversorgen, d.h. einen anderen Händler mit der Versorgung zu beauftragen. Sie können, müssen dieser Bitte aber nicht entsprechen. Folgende Kriterien sollten in Ihre Entscheidung einfließen: (F3)

Vertrauensverhältnis: Kennen Sie den Berater, der Sie beim Fachhändler betreut, schon sehr gut und lange, ist das ein starkes Argument, bei Ihrem Fachhändler zu bleiben.

Ortsnähe: Ist Ihr Fachhändler auf kurzem Weg zu erreichen, die Ihnen gebotene Alternative jedoch weit weg, spricht dies für den bisherigen Fachhändler. Dies gilt ganz besonders, wenn viele Einstellungen und Anpassungen nach der Auslieferung des Hilfsmittels vor Ort vorgenommen werden müssen.

Breite Produktpalette: Ihr Fachhändler hat eine breite Produktpalette? Er führt Ihnen die verschiedenen Produkte vor und informiert Sie umfassend über die Möglichkeiten? Dann sind dies überzeugende Argumente für Ihren Fachhändler. Denn er gibt Ihnen das Wissen an die Hand, um beim Besuch des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK) oder eines Hilfsmittelberaters überzeugend über die verschiedenen Alternativen zu argumentieren.

Engagement: Unterstützt Sie Ihr Fachhändler bei der Diskussion mit dem Kostenträger? Begründet er die vorgeschlagene Versorgung und informiert er den Arzt, dann sind dies Argumente, bei Ihrem Fachhändler zu bleiben.

Zwei Dinge können allerdings Ihr Wahlrecht einschränken. Dies ist zum einen der Fall, wenn Ihre Krankenkasse eine Ausschreibung für Hilfsmittel oder eine Hilfsmittelgruppe durchgeführt hat. Dann ist der Sieger der Ausschreibung automatisch Ihr Versorger. Manchmal lassen die Kassen andere Versorger zu, wenn diese sich auf die Ausschreibungspreise einlassen.
Zum anderen besagen Gerichtsurteile, dass bei Preisunterschieden von 10-15 % für vergleichbare Produkte der günstigere Anbieter genommen werden darf, auch wenn dieser nicht der Fachhändler Ihrer ersten Wahl ist.